Last updated on Juni 1, 2020
In einer Unterrichtsreihe zu Comics erstellen die Schülerinnen und Schüler Comics mithilfe von Montage-Vorlagen, sie nutzen Layoutvorlagen für die Panelanordnung. Die fertigen Blätter stehen im A5-Format bereit und orientieren sich an den Layouts in der App. Diese werden in die App übertragen, um Sprechblasen, ggf. Onpos sowie Textblöcke erweitert und damit abgeschlossen. Der fertige Comic wird als PDF exportiert.

Verlauf der Unterrichtsreihe
Je nachdem wie die jeweilige Klasse auf den didaktisch vorbereiteten Input der Lehrperson reagiert, ist es ratsamer, direkt in die Entwicklung der Geschichte einzusteigen. Ansonsten hilft es vielen Kinder viele Übungen zum Entwurf von Comic-Figuren, zu Körperhaltung & Bewegung, Gestik, Mimik und mehr zu absolvieren. Zugleich sind insbesondere junge Kinder stärker an der Narration und Erzählung ihrer Geschichte interessiert als an bildnerisch gelungener Darstellung einer Sequenz. Als Kunstpädagogin bzw. Kunstpädagoge versucht man hier also eine sinnvolle Balance zu finden.
In den folgenden Absätzen wird nur exemplarisch auf bestimmte Phasen der Reihe eingegangen. Eine empfohlene Reihenfolge könnte lauten:
- Einführung mit Fantasiereise (Eingrenzung des Themas)
- Erfindung einer Comic-Figur (evtl. mit Zufallsgenerator: Anzahl Arme, Beine, Augen, Wirkung der Figur etc.; eine Tabelle zum Auswürfeln genügt)
- Mimik (Empfehlung: an Emojis erarbeiten), Gestik, Körperhaltung & Speed- und Actionlines, Symbole
- Sprechblasen, Textfelder und Onpos
- Bildfolgen: Enge und weite Bildfolge, Induktion zwischen Panels (besonders zu empfehlende Literatur zum Thema: Grünewald 2000, McCloud 1997)
Digital und analog
Selbstverständlich ließe sich vollständig digital arbeiten, das hängt von der Lerngruppe und ihrem Vorwissen ab. Doch in der Regel ist das nicht notwendig und in einigen Fällen auch nicht sinnvoll. Die Kinder in der 5. und 6. Klasse können in der Regel wunderbar mit Bunt- und Filzstiften umgehen, Fineliner oder schwarze Kugelschreiber für die Outlines sind sinnvoll. Zur Entlastung können verschieden montierte Layouts als Vorlage gedruckt werden, auf die die Kinder dann direkt zeichnen können.
Optional können die Blätter der Kinder gescannt (per Einzug) und wieder als Bilder zur Verfügung gestellt werden. Danach müssen die Seiten nur noch in die App importiert und um Text ergänzt werden. Der fertige Comic wiederum wird erneut als PDF exportiert.
Exemplarische Ergebnisse
Darias Comic
Darias-ComicCarolins Comic
Carolins-ComicMit eigener Comic-Figur
Um nicht nur die relevanten Schritte selbst zu durchlaufen, sondern teilweise auch als Anschauungs- und Vermittlungsmaterial habe ich “Bero und (Voro)” ins Leben gerufen. So wie die Kinder das auch machen sollten, habe ich einen Steckbrief für Bero angelegt:

Beispiel einer Vertiefung: Wie wichtig kann ein Panel-Hintergrund sein?
Anregend wirkte in verschiedenen Klassen die Schaffung von Kontrasten, dies gelang am Beispiel von „angsteinflößenden“ und „friedlichen“ Umgebungen: Ein „angsteinflößender“ Panel-Hintergrund muss dunkel, düster, unruhig oder zumindest beunruhigend wirken. Darüber hinaus erzeugen hart oder fremdartig, mysteriös und verborgen wirkende Umgebungen für gewöhnlich Angst. In Kontrast hierzu liegt „friedlichen“ Umgebungen eine gewisse Nähe zu freundlicher, heller, offener und weicher Formgebung zugrunde. Durch diesen Kontrast, der in einer jeweils angemessenen grafischen Gestaltung zutage tritt, werden die Kinder erwartungsgemäß sowohl gestalterische Lösungen als auch treffende Worte zur Wirkungsbeschreibung finden. Zudem unterstützen zuvor erarbeitete Mimik, Gestik und eingesetzte Symbole die jeweils grundlegend intendierte Wirkung des jeweiligen Panels. Formulierungshilfen stellen eine sinnvolle Unterstützung für die jungen Lernenden dar (s. Material).
Fachdidaktische Überlegungen zum Comic
Will Eisner, ein renommierter US-amerikanischer Comic-Zeichner, bezeichnet Comics als „Sequentielle Kunst“ (Eisner nach Grünewald 2000, S. 15) und literarische Form, welche sich mit dem Arrangement von Bild und Wort befasst, mit dem Ziel der Erzählung und Dramaturgie (Eisner 2005, S. 5). Diese traditionsreiche Kunstform sequenzieller Bilderzählungen erfreut sich seit dem 20. Jahrhundert einer großen Beliebtheit innerhalb der Populärkultur, sie wird zum Ausgangspunkt zahlreicher Spielfilme; ihren Beginn nahm die Erfolgsgeschichte Ende des 19. Jahrhunderts als „US-amerikanische Pressekonzerne die traditionelle europäische Form der unterhaltenden Bildgeschichte der Bilderbögen und Witzblätter in ihre Zeitungen aufnahmen“ (Grünewald 2000, S. 1). Der Comic verbindet u. a. Design, Grafik, Karikatur und Literatur, trotz dessen – oder gerade weil er sich dem ordnenden Zugriff der Wissenschaft und Kunstgeschichte (ebd., S. 79), u. a. aufgrund der hohen Diversität in Stil und Genre sowie Bezügen zu sowohl Bildender Kunst als auch Literatur, entzieht – fand er lange Zeit kaum Beachtung in der Wissenschaft (Eisner 2005, S. 5). Grünewald, Comic-Experte und emeritierter Professor für Kunstdidaktik, konstatiert daher (vorläufig): „Comic [bleibt] ein unscharfer Begriff“ (Grünewald 2000, S. 15).
Für den Kunstunterricht ist der Comic besonders fruchtbar, da sich zahlreiche bildnerische Ausdrucksmöglichkeiten mittels des Comics erlernen und erproben lassen. Zudem leistet diese „art of communication“ (Eisner 2005, S. 6) einen Beitrag dazu, sich in der heute stark von Bildern geprägten Welt zurechtzufinden (Niehoff 2009, S. 13ff.), d. h. Bilder zu lesen, zu deuten und zu produzieren; dies kann zudem auf verschiedenen Niveaus geschehen. Zugleich gilt: „Comic-Lesen muss gelernt sein“ (Grünewald 2000, S. 2); „anspruchsvolle Comics fordern auch ein anspruchsvolles, vorurteilsfreies und kompetentes Publikum“ (ebd.). Einige Comic-Serien zeigen, dass derselbe Comic mit unterschiedlichem Hintergrundwissen auch unterschiedlich ‚gelesen‘ bzw. wahrgenommen und verstanden werden kann, vor allem bezogen auf unterschiedliche Altersgruppen (ebd., S. 11). Anders als bei McCloud sind Comics nach Grünewald „Bildgeschichten des 20. Jahrhunderts“ (ebd., S. 15), sie umfassen verschiedene Genres und Stile (ebd.), entziehen sich gleichzeitig „wie jede Kunst […] einer Produktion nach Rezept“ (ebd.) und verweigern sich nach Grünewald einer normativen Ästhetik (ebd.); meines Erachtens ist dies zumindest zum Teil der Fall. In diesem Licht erscheint es als Herausforderung, in diesem Bereich vermittelnd tätig zu sein. Doch bestehen durch die große Vielfalt (ebd.) ebenso zahlreiche fachdidaktische und bildnerische Handlungsmöglichkeiten.
Es sollten gezielt Impulse gegeben werden – bspw. zu Mimik, Gestik und Körperhaltung, zum gezielten Einsatz von Farbe (Emotionen, Stimmung und Atmosphäre) sowie zum gezielten Einsatz von Symbolen. Um dies zu verdeutlichen: Auch Panel-Hintergründe bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit, wenn es darum geht Atmosphäre und Stimmung zu erzeugen.
Material
Zu der Unterrichtsreihe existiert zwar umfangreiches Material, aufgrund des Urheberrechts darf ich dieses jedoch nicht online zur Verfügung stellen. Es enthält in Teilen geschütztes Material, dessen Nutzung lediglich im Unterricht und im Rahmen bestimmter Grenzen erlaubt ist. Wenn zugleich besonderes Interesse an dem Material (21 Arbeitsblätter und 50-seitige Präsentation) besteht, kann ich dieses gerne mit den Quellenangaben aber mit (in weiß) geschwärzten fremden Inhalten zur Verfügung stellen. Das von mir erstellte Material stelle ich dann unter CC-BY-NC (Creative Common, Namensnennung, nicht-kommerzielle Nutzung) zur Verfügung.
Literatur und Internetquellen
Die folgenden Quellen waren hilfreich bei der Vorbereitung und Durchführung der Unterrichtsreihe. McClouds Werke sind besonders empfehlenswert.
- Daub, Kerstin (2008): „Und … Action!“. Filmen ohne Film – Die Erstellung eines computeranimierten Storyboards. In: Kunst+Unterricht. Nr. 319. S. 18–19.
- Daucher, Hans (2002): Die große Zeichenschule. Wien: Tosa.
- Disney (2017): Lustiges Taschenbuch Halloween 03. Sonderband. 1. Aufl. Egmont Ehapa Media.
- Eisner, Will (2005): Comics & Sequential Art. 27. Aufl. Tamarac (Florida): POORHOUSE PRESS.
- Grünewald, Dietrich (2000): Comics. Tübingen: Niemeyer. (= Grundlagen der Medienkommunikation 8).
- Grünewald, Dietrich (2010): Erzählen mit Bildern. Einzelbild und Bildfolge – das „Prinzip Bildgeschichte“ als narrative Kunst. In: Kunst+Unterricht. Nr. 347–348. S. 4–11.
- Köster, Katharina (2015): Der Griff in die „Toolbox“. In: Kunst+Unterricht. Nr. 393–394. S. 15–22.
- Loffredo, Anna Maria (2008): Was sich neckt, … Eine Fotostory produzieren. In: Kunst 5-10. Nr. 13. S. 26–31.
- McCloud, Scott (1997): Comics richtig lesen. 4. Aufl. Hamburg: Carlsen.
- McCloud, Scott (2001): Comics neu erfinden. 1. Aufl. Hamburg: Carlsen.
- Michaelis, Margot (2006): Werkstatt Kunst. Cartoon und Comic. Braunschweig: Schroedel Verlag GmbH.
- Neuhaus, Stefan (1996): Martin in Geisterhand. In: Kunst+Unterricht. Nr. 208. S. 44–45.
- Reinhardt, Verona (2010): Fotostory. In: Kunst+Unterricht. Nr. 347–348. S. 57–59.
- Reuter, Oliver (2009): Mobile Bilder: Kinder und Jugendliche fotografieren und filmen mit dem Handy. München: kopaed.
- Wikipedia (2015): Comic-Book-Format. In: Wikipedia. Online unter https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Comic-Book-Format&oldid=138356886 [Zugriff am 03.09.2015].
- Wolff, Jochen (1976): Fotostory. Ein Unterrichtsvorhaben in der Sekundarstufe I. In: Kunst+Unterricht. Nr. 37. S. 39–45.
- Wörner, Gerhard (2000): Comics selber zeichnen. Stuttgart: Frech.
- Zumbansen, Lars (2013): ln Bildern denken. Kognitionspsychologische und neurowissenschaftliche Grundlagen des Visualisierens. In: Kunst+Unterricht. Nr. 376. S. 47–49.
- Cartoon-Augen (freepik.com)
- Comic-Münder & mehr (Pinterest)
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